Zukunftsfitte KMUs: Wie Unternehmen gegenüber dem reinen Onlinehandel bestehen können

Mag. Bianca Dvorak ist stellvertretende Geschäftsführerin des Bundesgremiums Elektro- und Einrichtungsfachhandel der Wirtschaftskammer Österreich. 

Sie geht im Interview auf die Möglichkeiten heimischer KMUs ein, gegenüber den großen Online-Plattformen bestehen zu können. Unternehmen mit persönlichem Kundenkontakt punkten mit individueller Planung, Hilfestellung und Service sowie Wartung. Werden Produkte mit Lösungen angereichert, können sich auch kleine Unternehmen zukunftsfit aufstellen.

Etwa 99,6 Prozent der heimischen Unternehmen sind KMUs. Sie stellen das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft dar, die technologische Weiterentwicklung macht aber genau dieser Zielgruppe besonders zu schaffen. Was rät das Bundesgremium diesen Unternehmen, um fit für die Zukunft zu sein?

Amazon & Co. sind für die heimischen KMUs schwierige Konkurrenten, da lokale Betriebe in der Preisgestaltung nicht konkurrenzfähig sein können. Ein reines Online-Unternehmen ist von den Kosten her nicht vergleichbar mit dem stationären Handel mit Ausstellungsfläche und hohen Personalkosten. Vergleichen KundInnen also nur die Preise, werden österreichische Unternehmen nicht konkurrenzfähig sein.

Der reine Produktvertrieb wird also hinkünftig nicht ausreichen, aber das ist ja sowieso viel zu kurz gegriffen. Wir gehen in den stationären Handel auf Grund der persönlichen Beratung. Im Geschäft können wir uns die Produkte ansehen, sie anfassen und fühlen. Das können Amazon & Co nicht, und in diesem Punkt sind auch kleine Unternehmen in der Lage, einen Mehrwert gegenüber großen Konzernen entwickeln. Die persönliche Beratung, die individuelle Planung entlang der Bedürfnisse, die Hilfestellung bei Problemen und die Wartung: Mit Produkten, die mit Lösungen angereichert werden, können auch kleine Unternehmen am Markt bestehen und sich zukunftsfit aufstellen.

Welchen Umgang mit den digitalen und sozialen Medien empfiehlt das Bundesgremium?
Ein reines Online-Unternehmen ist von den Kosten her nicht vergleichbar mit dem stationären (Fach-) Handel. Vergleichen die KundInnen nur die Preise, sind heimische Unternehmen nicht konkurrenzfähig. Der reine Produktvertrieb wird daher zukünftig nicht ausreichen. Bild: Shutterstock.

Die Digitalisierung und technologische Entwicklung verändern seit vielen Jahren die Regeln des Erfolgs, die Pandemie wirkte plötzlich wie ein Brandbeschleuniger. Es hat sich gezeigt, dass Unternehmen, die bereits über digitale Vertriebs- und Kommunikationskanäle verfügen, weit besser durch die Krise kommen. In diesen Unternehmen haben die MitarbeiterInnen einfach nur ihren Laptop eingepackt und konnten im Home-Office sofort wieder zu arbeiten beginnen.

Wir empfehlen daher einen Multichannel-Ansatz, also eine Multikanalstrategie, um Kunden über mehrere verschiedene Kommunikations- und Vertriebswegen zu erreichen. Dadurch ist im besten Fall sogar die Ausweitung der Kundenklientel möglich. Wir kennen kleine Unternehmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen dadurch nicht mehr nur lokal, sondern überregional oder sogar international verkaufen.

Welche ersten Schritte in Richtung Weiterentwicklung können Unternehmen aus Ihrer Sicht setzen?

Am Beginn steht natürlich immer die Frage, wohin die Reise gehen soll – also was bedeutet zukunftsfit für mein Unternehmen? Diese Frage muss jeder Unternehmer, jede Unternehmerin für sich selbst entscheiden und eigenverantwortlich verfolgen. Das ist auf Grund der fehlenden Kapazitäten und fehlenden Kontakte oft schwierig. Eine mögliche Strategie ist hier die langsame, aber stetige Weiterentwicklung in kleinen Schritten. Das gelingt durch das Aufteilen der großen, übermächtigen Fragen in kleine Arbeitspakete. Damit werden diese Projekte überschau- und vor allem auch parallel zum Arbeitsalltag machbar. Wir begrüßen daher jede Initiative die Unternehmen darin unterstützt, sich mit den Zukunftsthemen auseinanderzusetzen, Informationen einzuholen und Kontakte zu knüpfen.

Wie unterstützt die Wirtschaftskammer Unternehmen bei ihrer Weiterentwicklung?

Die Wirtschaftskammer ist ein großes Netzwerk, das den Mitgliedern nicht nur mit Rat und Information zur Verfügung steht. Wir vernetzen mit anderen Unternehmen und Institutionen, mit der Regierung und den Behörden, und schaffen so Verbindungen, die Unternehmen oft alleine nicht schaffen würden. Vor allem in einer so dynamischen Zeit wie heute sind diese externen Ressourcen besonders wichtig.

Daneben sind die zuständigen Landesgremien die direkten AnsprechpartnerInnen für eine Vielzahl an Unterstützungsleistungen: Am besten eine Email mit der konkreten Frage an die Fachgruppe im Bundesland stellen, und diese wird entweder direkt beantwortet oder an den/die richtige AnsprechpartnerIn weitergeleitet.

So sind angesichts der großen Herausforderungen, vor denen Unternehmen stehen, die Förderungen massiv ausgebaut worden. Ganz aktuell sind Anträge zur Investitionsprämie rasch zu stellen. Mit der Förderung „KMU DIGITAL“ werden Digitalisierungsprojekte heimischer Unternehmen unterstützt. Unternehmen können sich für die kommende Runde registrieren. Mehr Informationen finden Sie unter https://www.kmudigital.at. Auf dieser Homepage gibt es auch Webinare zu Digitalisierungsthemen und neuerdings auch ein Infopaket für Händler zu den Themen Rücktrittsrecht und Onlinehandel.

Für die rechtliche Auskunft stehen die MitarbeiterInnen der Fachorganisationen, aber auch Vertrauensanwälte für die Erstkonsultation zur Verfügung. In vielen Bereichen gibt es auch Stammtische, wo sich Unternehmen (derzeit virtuell) über Herausforderungen und Themen unterhalten können. Weltweit stehen 100 Außenwirtschaftsstellen unseren Mitgliedern zur Verfügung, sie helfen auch in herausfordernden Situationen und stellen ihre Kontakte zu Organisationen und Behörden in den jeweiligen Ländern zur Verfügung.

Und natürlich unterstützen wir die Aus- und Weiterbildung unserer Mitgliedsfirmen und ihrer MitarbeiterInnen: So steht in den Landesgremien ein vielfältiges Weiterbildungsangebot zur Auswahl. Auch das Bundesgremium wird hinkünftig mehr Ausbildungsformate anbieten. Erst kürzlich haben wir mit großem Erfolg über die Energieeffizienzlabel neu informiert.
Weiters unterstützen wir beim Finden von Lehrlingen, und helfen den Berufsschulen mit Partnern, den Lehrlingen Ausrüstung und Geräte ausreichend zur Verfügung zu stellen.

AnsprechpartnerInnen für diese Hilfestellungen sind, wie schon weiter oben genannt, die Landesgremien mit ihren Homepages. Hier finden unsere Mitgliedsbetriebe die Kontaktdaten – einfach eine Email senden, und wir sehen uns die Fragen sehr gerne an.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Kontaktdaten des Bundesgremium für den Elektro- und Einrichtungsfachhandel finden Sie hier: https://www.wko.at/service/dienststelle.html?orgid=14193

KMU Digital: https://www.kmudigital.at/

Das könnte Sie auch interessieren...

Welche ersten Schritte können Gewerke setzen?

Christian Hartmannsgruber, Geschäftsführer von KIMOCON, welche ersten Schritte Unternehmen in der digitalen Gebäudetechnologie setzen könnten. Essentiell: Sich Schritt um Schritt weiterentwickeln.

Smarte Wohnumgebungen entwickeln

Technisch ist bereits Vieles möglich, dennoch gibt es noch Stolpersteine auf dem Weg. Franz Pühretmair und Gerhard Nussbaum, Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Informationstechnologie, wissen mehr dazu.

Welcher Umgang mit dem Internet empfiehlt sich?

Für Christian Hartmannsgruber, Geschäftsführer von KIMOCON, ist es wichtig zu wissen, wie Kunden das Internet nutzen. Warum? Weil es die Art und Weise veränderte, wie potentielle KundInnen sich informieren und Kaufentscheidungen treffen.