Der Mangel an kundenorientierten Lösungen (und wie Unternehmen das für sich nutzen können)
KIMOCON startete als Ansprechpartner für das Wohnen der Zukunft, im Mittelpunkt stand die ergonomische und vernetzte Küche. Heute sieht sich das Unternehmen als Enabler und Systemintegrator.
Geschäftsführer Christian Hartmannsgruber erklärt im Interview, warum es am Markt einen Mangel an kundenorientierten Lösungen gibt. Das ist gleichzeitig aber auch die Chance für KMUs, ein Alleinstellungsmerkmal am Markt zu entwickeln, um sich den großen Konzernen entgegenzustellen.
Sie gehen von einem Mangel an kundenzentrierten Lösungen am Markt aus. Was sind ihrer Meinung nach die Gründe dafür?
Im Smart Home Bereich sind viele Unternehmen schon gekommen und gegangen. Die, die heute gut auf dem Markt stehen, sind Unternehmen, die über ihr Kerngeschäft in den Markt gegangen sind: Telekom, Weißware, die großen Plattformen, Energieanbieter, etc … Heute sind die Produkthersteller diejenigen, die den Markt treiben. Unternehmen wie Bosch oder Miele haben sehr einfach Smart Home mit in ihre Produkte einfließen lassen können, ohne ein besonders hohes finanzielles Risiko einzugehen. Sie haben sich das leisten können.
Es waren die Googles und Amazons dieser Welt, die sich dachten, über dieses Thema können wir mehr verkaufen. Also stellten sie ihren Kunden für ein paar Euros Speaker hinein, und der Kunde hat es dankbar angenommen. Diese stehen millionenfach in den Haushalten. Damit erhielten sie Kundendaten und konnten durch ihre Marktgewalt sehr einfach in den Markt gehen.
Auch für Bauträger war das Thema schon früh spannend. Sie haben die Themen Büromanagement und Gebäudemanagement webbasiert für den Endkunden weiterentwickelt. Das sind Lösungen, die die Unternehmen nicht gefährdet hätten, wenn es nicht funktioniert hätte. Auch diese Unternehmen sind mit wenig Risiko hineingegangen.
Deswegen gibt es viele Insellösungen am Markt, aber keinen richtigen Durchbruch. Jeder hat Lösungen für sich ausgearbeitet, aber nicht am Endkunden entlang entwickelt. Das ist für Smart Home aber zwangsläufig nicht die richtige Idee. Der Endkunde hat oft banale Ideen, und die Industrie sucht nach der einen Killer-Applikation. Der Kunde will mehr Sicherheit, Geld sparen, etc – das ist für große Unternehmen nicht so sexy. Der Markt hat sich daher nicht so entwickelt wie gedacht.
Wie könnten kundenorientierten Lösungen in der Praxis aussehen?
Smart Home bietet in vielerlei Hinsicht einen Mehrwert für den Endverbraucher.
Manche mögen es banal finden, dass jemand mit dem Handy einen Schrank oder eine Lade öffnet. Aber für Menschen mit Einschränkungen ist es von großem Vorteil. Vielleicht interessiere ich mich auch für eine Kindersperre der Laden, wenn ich selbst Kinder habe oder wenn meine Enkel zu Besuch kommen.
Oder ich will die Sicherheit, wenn ich aus meinem Urlaub komme, dass ich zu Hause keinen Wasserschaden, keinen Brand und auch keinen Einbruch hatte.
Wir glauben, dass wir viel von unseren Kunden wissen, aber da gibt einen Mangel am Markt. Ich habe gelernt, dass ich nicht nur das große Ganze, sondern auch die Details betrachten muss.
Welche Chance sehen Sie für lokale Unternehmen im Bereich Smart Home?
Einer der markanten Schlüssel: Der Endkunde ist nicht willens, Gebrauchsanleitungen durchzulesen oder YouTube-Videos ansehen, um die Produkte zu nutzen. Das haben alle Player am Markt übersehen. Es gibt oft kein Servicepaket dazu, oder noch besser wäre: „Wir kommen zu dir. Wir stellen dir das perfekte System für dich ein.“ Das wurde von ganz vielen Unternehmen ignoriert. Alle dachten, der Kunde ist mündig, es gibt eine Community, etc. Die Zielgruppe 50 bzw. 55+, also die es sich leisten können, will kein Youtube-Video sehen.
Das ist die große Chance für lokale Unternehmen. Sie können über die Services den Endkunden an sich binden und Umsätze erzielen. So kann sich jedes kleine Unternehmen den großen Plattformen entgegenstellen.
Welche Chancen sehen sie bei der Industrie und bei den Herstellern?
Die Industriebetriebe werden ihre Produktionsstätten digitalisieren, da sind viele schon mitten drin. Aber auch für Hersteller gilt: Warum nicht smarte Produkte auf den Markt bringen? Bei der smarten Küche oder dem smarten Schlafzimmer geht es im ersten Schritt um die Integration von Licht, Musik, Klima, etc. Durch die Integration von Geräten hat jeder Hersteller auch die Chance, fertige Produkte bereits ab Werk zu liefern.
Ich brauche natürlich auch hier einen Partner, der die Installation und die Services stellt. Also ich muss in der Ausstellung und für Schulungen, später dann auch beim Kunden installieren und warten. Nicht nur der Händler produziert in Zukunft selbst, auch die Industrie verkauft Produkte mit Mehrwert.
Das könnte Sie auch interessieren...
Unterstützung für ältere Menschen & Menschen mit Beeinträchtigung
Franz Pühretmair und Gerhard Nussbaum, Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Informationstechnologie, über die unternehmerischen Chancen in diesen Zielgruppen. Es geht darum, den betroffenen Menschen so lange und so unabhängig wie möglich das Wohnen in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen.
Unternehmerische Chancen für die Möbelbranche
Unternehmer Roman Eberharter über die Gründe, warum es für die Möbelbranche wichtig ist, sich mit smarter Gebäudetechnologie und Smart Home auseinanderzusetzen. Er appelliert an die Unternehmen, die Chancen, die diese neuen Technologien bieten, zu nutzen. Auch für kleine, regionale Betriebe bieten sich hier gute Entwicklungsmöglichkeiten.
Warum Wartung, Services & Dienstleistung essentiell werden
Walter Czetsch, Produktmanagement & Innovation bei der Energie AG Oberösterreich, geht auf den sich verändernden Markt ein: Digitalisierte Gebäude haben einen höheren Wartungs- und Serviceaufwand. Deren Betreuung ist eine Geschäftschance für Unternehmen.