Der Fachkräftemangel ist eine Chance für Frauen
Die Unternehmensberaterin Mag. (FH) Anja Herberth ist mit ihrer Agentur owl lab spezialisiert auf die digitale und technologische Transformation.
Mit Technologien und spannenden Innovationen können die Herausforderungen unserer Zeit gelöst werden: Zum Beispiel der Klimawandel, das Leben in den eigenen vier Wänden für Menschen mit Beeinträchtigungen. Sie appelliert an Frauen, die beruflichen Chancen, die in diesen Sektoren warten, zu ergreifen.
Dazu eine kurze Geschichte: Ich bin diplomierte Technikerin für Spinnerei und Weberei (ja, dieses Fach gab es tatsächlich an der HTBLVA Spengergasse, Abschlussklasse 1998). Als einer der wenigen Mädchen in der Textiltechnik bat man mich eines Tages, andere Mädchen für die Technik zu begeistern. An einem Abend sollte ich Eltern und ihren Kindern Rede und Antwort stehen, wie denn das so als Mädchen an der HTL sei. Kleiner Hinweis: In einem Blaumann und mit Werkzeug in einer zimmergroßen Teppichweb-Maschine herumzuschrauben war wenig glamourös, aber sehr spannend. Meine Aufregung an diesem Abend war überflüssig, denn zu diesem Event kam: NIEMAND. Ich war als Jugendliche überrascht, aber auch schockiert.
In der Zwischenzeit sind viele Jahre vergangen. Die Herausforderung, die Berufswahl der Frauen mehr zu verbreitern, ist gleich geblieben. Denn wie schon vor Jahrzehnten, als ich in die Schule ging, sind Frauen hauptsächlich in fünf Berufen aktiv – dazu gehören Erziehung, Büromanagement, das Gesundheitswesen, der Verkauf und die Reinigung. Seit dieser Zeit sind viele viele Millionen Euros in die Lösung dieses Problems geflossen. Geändert haben die damit finanzierten Maßnahmen nichts: Der Facharbeitermangel besteht bereits seit vielen Jahren und hat aktuell akute Ausmaße angenommen. Walter Czetsch von der Energie AG hat dazu einen treffenden Text verfasst.
Im März 2021 wohnte ich einer Online-Studienpräsentation bei. Mit einem simplen Spiel für Kinder namens “Robotopia” konnte der Interessensunterschied zwischen Mädchen und Buben um 20% reduziert werden. Denn die Hemmschwelle für Mädchen, sich für die MINT-Fächer (zusammenfassende Bezeichnung für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu interessieren, ist hoch. Es fehlt ihnen das Selbstvertrauen, die Stereotypen werden schon in den Kinderschuhen gesellschaftlich weitergegeben. Die MINT-Fächer gelten zudem als wettbewerbsintensive Themen, was noch zusätzlich Angst macht. Das Spiel geht auf die Freude am Wettbewerb ein und schafft dadurch eine positive Beeinflussung der Hemmfaktoren.
Etwa 25 Jahre nach dem oben beschriebenen Abend geht man nun von “more of the same” weg hin zu innovativeren Methoden. Das ist notwendig, um unsere Kinder zu fördern, um in mehreren Jahrzehnten mehr Frauen in die Technik zu bekommen.
Aber was tun, wenn jetzt die Fachkräfte fehlen? Die Antwort: Weiterbilden und Qualifizieren. Jobs attraktiver gestalten, damit sie auch für Frauen spannend sind. Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf setzen. Meist sind ja die Frauen immer noch in der Doppelrolle der Familienmanagerin zu finden. Und eine verbesserte Kommunikation: Es sind erfüllende Jobs, die gesellschaftliche Herausforderungen wie etwa den Klimawandel lösen.
Denn nach Corona wird der Bedarf an gut qualifizierten Fachkräften weiter steigen: Die Herausforderungen unserer Zeit werden mit Technologie gelöst. Die Industrie 4.0, die Digitalisierung und Ökologisierung bedeuten jede Menge neuer Jobs. Weiters kommen nun weniger geburtenstarke Klassen zum Abschluss – bedeutet: Der Fachkraft-Mangel wird sich noch weiter verstärken.
Für Frauen wiederum bedeuten besser bezahlte Jobs die Unabhängigkeit von Staat und Familie. Eine Win-win-Situation also für beide Seiten.
Sollten Sie eine Frau sein, die Interesse an einer Weiterbildung hat: Das AMS fördert Um- und Weiterschulungen, insbesondere wenn sie aus einem Sektor kommen, der durch Corona schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Kontaktieren sie dazu ihre/n AMS-BeraterIn bzw. informieren sie sich über das Programm FIT – Frauen in Handwerk und Technik.
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