Welche Chancen gibt es für den regionalen Fachhandel?
Der Zillertaler Unternehmer Roman Eberharter sorgt im Familienunternehmen “Betten Eberharter” seit vielen Jahren für den guten Schlaf seiner Kunden. Er ist Gremialobmann-Stellvertreter des Landesgremiums für den Elektro- und Einrichtungsfachhandel der WK Tirol und wurde 2020 zum Präsidenten des europäischen Branchenverbandes, der FENA, gewählt.
Im Interview geht er auf die Chancen ein, die in der smarten Gebäudetechnik auch für kleine regionale FachhändlerInnen existieren.
Derzeit gibt es am Markt viele Entwicklungen, die Unternehmen, regionale Fachhändler, stemmen müssen. Wie können sie sich darauf vorbereiten?
Ein Möbelhandel, ein Fachhändler muss sich zuerst überlegen: Welche Richtung möchte ich mit meinem Unternehmen einschlagen? Möchte ich beim Zukunftsthema Smart Living mitmachen, dann muss ich mich über Messen, über Internetrecherchen und diverse Angebote die es, online gibt schlau machen. Was gibt es und was macht für meinen Betrieb und für den Kundenkreis in meiner Region Sinn?
Und dann geht es darum, Partner zu finden. Ich bin der Meinung, dass es mittlerweile in allen Regionen junge und dynamische Unternehmer aus vielen Bereichen der Wertschöpfungskette gibt, die sich dem Thema Digitalisierung nähern und es aufgreifen. Ob das Baufirmen sind, die innovativ arbeiten, oder junge dynamische Planungsbüros, auch im Elektrobereich gibt es innovative Firmen.
Dann gilt es, Netzwerke zu knüpfen und das Wissen dieser Unternehmen zu nutzen, um gemeinsam tolle Projekte für und mit den Kunden umzusetzen. Aber an erster Stelle steht immer: Was macht für meinen Betrieb Sinn. Verzetteln ist nie gut.
Welche Chancen erhalten dadurch regionale KMUS?
Die Chancen liegen darin, dass man als Netzwerk geeinter und verstärkt Herausforderungen angehen kann und nicht immer jeder für sich neue Kunden angehen und Projekte alleine abarbeiten muss. Es ist doch einfacher, das Know-how von anderen sinnvoll zu nutzen: Das fängt an bei der Planung, geht bis hin zu Verkauf, bis zur Wartung und Servicierung nach dem Einbau und Verkauf. Und vor allem bis hin zum Thema Reparaturen.
Wenn ein Möbelhändler eine Wohnung komplett einrichtet mit anderen Partnern, dann ist dieser auch nachher für den Endkunden der Ansprechpartner. Sollte dann beim Backofen ein technisches Tool nicht mehr funktionieren, dann wird der Endkunde den Möbelhändler kontaktieren. Und der wird in seinem Netzwerk den richtigen Partner suchen, der dieses Tool repariert.
Auch hier gilt: Leben und leben lassen. Netzwerke muss man durchaus positiv betrachten. Also nicht im Sinne eines Konkurrenzdenkens, sondern als Multiplikator, als Chance und als Sprungbrett.
Bedeutet: Es ist ein Geben und Nehmen, und eine Win-win-Situation für alle TeilnehmerInnen in diesem Netzwerk.
Netzwerkpartner sollen als gleichwertige Partner und auf Augenhöhe agieren müssen und dürfen. Und die Corona-Krise hat gezeigt: Vieles was wir seit Jahrzehnten gewohnt waren, wird unter Umständen binnen kurzer Zeit ad absurdum geführt.
Unternehmen, die sich weiterentwickeln und agil agieren können, werden Zukunft haben. Und auch Firmen, die über den Tellerrand blicken, werden Zukunft haben, währenddessen Methoden, die über Jahrzehnte funktioniert haben, jetzt vielleicht nicht mehr funktionieren können. Daher ist es wichtig, sich neuen Themen zu widmen, um sich dann als Unternehmer kompetent zu entscheiden: Ja, ich mache mit, oder auch nicht, weil es nicht zu mir passt.
Sich aber komplett den neuen Themen und der Netzwerk-Arbeit zu verschließen, das wäre ein Rückschritt. Es kann ja nicht jedes Unternehmen alles anbieten und alles machen.
Vor allem in den neuen Felder, hier ist aus den unterschiedlichsten Gewerken das Know-how notwendig. Auch wenn wir uns die Entwicklung in der Krise ansehen: Es gibt ja durchaus auch Chancen, vor allem für regionale KMUs, die Wertschöpfung im Land zu behalten?
Das Thema Nachhaltigkeit und Regionalität – das gilt auch für das Handwerk. Fachgeschäfte in der Region bieten oft ein Mehr an Service, Beratung, Dienstleistung und Qualität als Billigprodukte aus dem Ausland. Ja, vielleicht zu einem teureren Preis, aber das nachhaltige Denken hat durch die Krise durchaus an Bedeutung gewonnen.
Es wird unsere Aufgabe als Vertreter der Wirtschaft in der Wirtschaftskammer oder auch als Vertreter von Netzwerken und Plattformen ein, diese Themen immer wieder aufzugreifen.
Vieles wird in den nächsten Jahren ohnehin politisch durch den EU Green Deal verordnet oder in Gesetze gegossen. Ob das Recycling, die Reparatur oder Energiereduktions-Themen sind: Es werden uns mit neuen Themen beschäftigen.
Die Stärkung lokaler Kreisläufe und Netzwerke wird uns sehr viele Chancen bieten. Ein Denken hin zu mehr Qualität ist vernünftiger als immer nur etwas einzukaufen, das nach drei Jahren eine Sollbruchstelle hat und kaputt wird.
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