AAL: Raus aus der Problem-Orientierung

…. und hinein in Lifestyle und Komfort: Ambient Assisted Living, abgekürzt AAL, sind Konzepte, die es ermöglichen, den Lebensraum so zu gestalten, dass Menschen ihren Alltag weitgehend ohne fremde Hilfe bewältigen können. Beispiele sind Konzepte für Barrierefreiheit, zur Steuerung der Umgebung oder auch Alarmfunktionen, wenn Menschen stürzen. Gerade in Zeiten der Pandemie erleichtern AAL-Kommunikationskonzepte die soziale Interaktion. Und wie eine Studie herausfand, benötigen ältere Menschen durch abgestimmte Lichtszenarien sogar weniger Medikamente.

AAL erhöht also die Lebensqualität, den Komfort und die Sicherheit – auch für die Angehörigen. Eine sinnvolle Sache, oder? Konzepte und Produkte gibt es seit Jahren bereits massig am Markt. Warum sich AAL-Konzepte dennoch (noch) nicht am Markt durchsetzen konnten, das diskutierte das Zukunftsforum Connected Buildings mit ExpertInnen aus Wirtschaft und NGOs im Zuge der Online-Veranstaltung „AAL: Ein Schuss in den Ofen?“.

Seitens unseres Fachbeirats diskutierten mit 25 TeilnehmerInnen: Uli Waibel, Generalsekretär von AAL Austria; Walter Czetsch, Innovation und Produktmanagement der Energie AG Oberösterreich; sowie Christian Hartmannsgruber, Geschäftsführer von KIMOCON.

„Wer will heute schon alt sein?“

Die eingangs erwähnte Zielgruppe der Senioren wächst und wird immer attraktiver: Bis 2034 gehen die geburtenstarten Jahrgänge der Babyboomer-Generation in Pension. Heute sind rund 1,7 Mio Menschen in Österreich über 65 Jahre alt, bis 2034 werden es 2,4 Mio sein. Die Zielgruppe wächst also um etwa 750.000 Menschen, sie sind technikaffiner als je zuvor und hatten bereits Kontakt mit Digitalisierung und technologischer Entwicklung.

Parallel dazu gehen wir in den kommenden Jahren auf einen massiven Pflegekräftemangel zu. In den eigenen vier Wänden wohnen bleiben zu können ist günstiger als ein Heimplatz, und dieser ist oft eine Notlösung: Viele Menschen wünschen sich einen möglichst langen Verbleib in den eigenen vier Wänden. Die Investition in AAL-Produkte könnte also eine Win-Win-Situation sein.

Die Herausforderungen, so die Diskussionsrunde, liegen im gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema Altern. Denn: Wer will heute schon alt sein? Altern ist ein Tabuthema – niemand gibt gerne zu, Hilfe zu brauchen.  Selbst eine Uhr mit Notfall-Knopf am Handgelenk ist für Betroffene oft eine schwierige Entscheidung. Es ist die Konfrontation mit dem eigenen Altern, die dadurch angestoßen wird. Oft ist auch das Gefühl der Kontrolle und das Sammeln von Daten für die Betroffenen unheimlich. Diese sind für die Funktion der Produkte notwendig: Durch Datenverarbeitung nehmen die Systeme wahr, was Menschen brauchen. AAL-Systeme schlagen Alarm, wenn Bewegungsabläufe oder die Dauer von Aktivitäten von der Norm abweichen.

Fazit: Es gibt seitens des Marktes keinen Pull-Effekt, für Unternehmen ist dieser damit (noch) unattraktiv. Es fehlen aus diesem Grund Teile der Wertschöpfungskette, die (noch) nicht aufgebaut sind – die aber wichtig für die Vermarktung wären.

Raus aus der Problem-Orientierung

AAL-Konzepte, waren sich die TeilnehmerInnen der Diskussion einig, agieren problemorientiert – und das muss sich ändern. Bedeutet: Raus aus der Problemorientierung, und rein in den Lifestyle. Potentiale unterstützen statt in der Stigmatisierung verharren. Parallel zur veränderten Kommunikation könnte auch die Bündelung von Zielgruppen einen wesentlichen Beitrag leisten: So haben Eltern mit Kinderwägen die gleichen Ansprüche an Barrierefreiheit wie Menschen in Rollstühlen. Dadurch werden die Zielgruppen breiter und für Unternehmen interessanter.

Die Lösungen sollten simpel und sinnvoll sein – lieber kleine Lösungen, als riesige Konzepte, die finanziell und technologisch überfordern. Vor allem der Einstieg, appellierte ein Experte aus dem Publikum, sollte über kleine Lösungen passieren – wie etwa einem Notruf. Hafteten den Lösungen lange die Verbindung mit hohen Kosten an, so haben sich die Technologien in den Jahren bereits massiv verändert: Durch Funktechnologie wurden Lösungen günstiger und weniger aufwendig in der Umsetzung.

Anspruchsgruppen sind vor allem die Angehörigen: Sie sind bereit, für ein gutes, sicheres Gefühl Geld auszugeben. Um diese Zielgruppe zu informieren, gibt es noch zu wenige Informationsquellen für AAL-Konzepte:  So ist bis heute die Frage ungeklärt, wohin sich Menschen wenden können, wenn sie sich über Lösungen informieren wollen. Ein weiterer Zugang ist das Verknüpfen mit „Trägermaterial“, wie es Christian Hartmannsgruber ausdrückte. So stellen Küchen- und Möbelstudios eine Möglichkeit dar, diese beratungsintensiven Konzepte in den Markt zu bringen.

Das Zukunftsforum bedankt sich bei den Diskussionsforen-PartnerInnen und freut sich auf weitere spannende Diskussionen!

 

Bildmaterial: Shutterstock


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